Ihr Unternehmen wächst, die Kund:innen sitzen nicht nur in Österreich, sondern europaweit und auch außerhalb der EU. Wie gelingt der reibungslose Export – ohne steuerliche und administrative Stolperfallen?
1. Export innerhalb der EU – Umsatzsteuer einfach mit OSS und UID regeln
Für österreichische Unternehmen, die an Privatkund:innen in anderen EU-Ländern verkaufen, gilt seit Juli 2021 die EU-weite Lieferschwelle von 10.000 € netto pro Jahr. Diese Grenze gilt für alle EU-Bestellungen zusammen. Das heißt, sobald Sie innerhalb eines Jahres mehr als 10.000 € netto Warenwert an Privatpersonen in andere EU-Länder verkaufen, greifen neue Steuerregeln.
Wird diese Grenze überschritten, müssen Sie die Umsatzsteuer des jeweiligen Ziellandes berechnen und dorthin abführen – also z. B. die deutsche Umsatzsteuer, wenn Sie nach Deutschland verkaufen. Das geht auf zwei Wegen: Entweder Sie registrieren sich im jeweiligen Land steuerlich und führen Umsatzsteuer ab oder Sie nutzen den sogenannten One-Stop-Shop (OSS).
Der One-Stop-Shop (OSS) ist ein zentrales Online-Meldesystem. Damit können Sie alle Umsatzsteuern für Ihre Verkäufe in andere EU-Länder gesammelt über das österreichische Finanzamt abführen, anstatt sich in jedem Land einzeln registrieren zu müssen.
Auch Unternehmen, die noch unter der Lieferschwelle bleiben, können sich freiwillig für die Nutzung des OSS registrieren. Ab dem gewählten „Datum der Inanspruchnahme“ müssen dann alle Umsätze, die unter die OSS-Regelung fallen, über OSS gemeldet werden. Das Datum der Inanspruchnahme kann nicht rückwirkend geändert werden. Umsätze, die vor diesem Datum liegen, sind weiterhin nach den regulären Umsatzsteuerregeln zu melden.
Freiwillige OSS-Registrierung – lohnt sich das?
Vorteile:
- Sie erledigen die Umsatzsteuer für alle EU-Länder an einem Ort, statt in jedem Land einzeln.
- Frühzeitige Nutzung der OSS-Vereinfachung, auch wenn Sie die Liefergrenze noch nicht erreicht haben.
Worauf Sie achten sollten:
- Alle Umsätze, die unter OSS fallen, müssen ab Startdatum über OSS gemeldet werden.
- Das Startdatum lässt sich nicht rückwirkend ändern.
- Sie sind verpflichtet, die OSS-Regeln ab diesem Zeitpunkt einzuhalten.
Praxis-Tipp:
Eine freiwillige Registrierung lohnt sich, wenn Sie Verwaltungsaufwand reduzieren, alle EU-Verkäufe zentral abwickeln und für zukünftiges Wachstum vorbereitet sein möchten.
Branchenbeispiele aus Österreich:
- Handel: Ein steirischer Fahrradfachhändler verkauft Räder und Zubehör nach Deutschland, Frankreich und Italien. Überschreitet er die 10.000 € netto -Grenze, nutzt er OSS, um die Umsatzsteuer in den jeweiligen Ländern korrekt zu melden.
- E-Commerce: Eine Wiener Manufaktur für handgefertigte Keramik verkauft über ihren Webshop europaweit. Ab der Überschreitung der Lieferschwelle meldet sie ihre Umsätze über OSS.
- Handwerk: Ein oberösterreichischer Möbelbauer liefert individuell gefertigte Möbel an Kunden in mehreren EU-Staaten. Er meldet seine EU-Umsätze zentral über OSS.
2. Zwischenlager im EU-Ausland – zusätzliche Pflichten beachten (ZM & Intrastat)
Wenn Sie Waren in einem Lager in einem anderen EU-Land lagern (z. B. bei Amazon oder einem anderen Fulfillment-Dienstleister), gilt das steuerlich als sogenanntes „innergemeinschaftliches Verbringen“. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass Sie Ihre eigenen Waren innerhalb der EU in ein anderes Land „liefern“ – auch wenn sie dort nur zwischengelagert werden.
In diesem Fall müssen Sie eine Zusammenfassende Meldung (ZM) abgeben. Das ist eine Meldung an das Finanzamt, bei der Sie angeben, in welches EU-Land Sie Waren geschickt haben.
Wenn Ihre Warenbewegungen eine bestimmte Menge oder einen bestimmten Wert überschreiten, kommt außerdem die Intrastat-Meldung hinzu. Diese dient der Statistik und wird an Statistik Austria übermittelt, um den Warenverkehr zwischen den EU-Ländern zu erfassen.
Sie benötigen in diesem Land eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID) und müssen dort Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben – zusätzlich zu Ihrer OSS-Meldung in Österreich.
Branchenbeispiele:
- E-Commerce aus Graz: Ein Kosmetikhersteller lagert Produkte bei Amazon in Deutschland und Frankreich. Er muss sich dort steuerlich registrieren und monatlich melden.
- Handel aus dem Burgenland: Ein Weinhändler nutzt ein Zwischenlager in den Niederlanden, um schneller liefern zu können. Er erhält eine UID in NL und kümmert sich um die Voranmeldungen
3. Export in Drittländer – Zoll & Umsatzsteuer
Wenn Sie in Länder außerhalb der EU exportieren (z. B. Schweiz, UK, USA), gelten andere Regeln:
- Keine OSS-Nutzung: Sie können den One-Stop-Shop hier nicht nutzen – dieser gilt nur innerhalb der EU.
- Ausfuhrlieferung: Das bedeutet, dass Sie in Österreich meist keine Umsatzsteuer verrechnen müssen, wenn Sie nachweisen können, dass die Ware tatsächlich ins Ausland geliefert wurde.
- Zollformalitäten: Für die Ausfuhr ist eine Zollanmeldung erforderlich.
- Einfuhrumsatzsteuer im Bestimmungsland: In vielen Ländern muss der Kunde beim Import zusätzliche Steuern und Abgaben bezahlen – zum Beispiel in der Schweiz oder den USA.
Branchenbeispiele:
- Handwerk aus Tirol: Ein Hersteller von Spezialmaschinen exportiert nach Kanada. Er meldet die Ausfuhr beim österreichischen Zoll und stellt die Rechnung netto ohne Umsatzsteuer aus.
- Handel aus Wien: Ein Bekleidungshändler verkauft über seinen Webshop auch in die Schweiz. Die Kunden zahlen beim Import die schweizerische Mehrwertsteuer, der Händler muss die Ausfuhr korrekt dokumentieren.
- E-Commerce aus Oberösterreich: Ein Hersteller von Sportartikeln liefert an Kund:innen in den USA. Die Ausfuhr ist umsatzsteuerfrei, es gilt aber das Zollrecht für den Export.
4. UID-Nummer beantragen – schnell, aber mit Pflichten
Die österreichische UID-Nummer ist Pflicht, wenn Sie OSS nutzen oder innergemeinschaftliche Lieferungen tätigen. Beantragt wird sie über FinanzOnline.
Beachten Sie, dass mit der UID auch Pflichten einhergehen:
- Korrekte Rechnungsangaben
- Einhaltung von Umsatzsteuer-Grenzwerten
- Meldungen bei Finanzamt und ggf. im Ausland
Fazit – Export gut planen, Stolperfallen vermeiden
Wer grenzüberschreitend verkauft, sollte Lieferschwellen, Steuerregistrierungen und Zollbestimmungen im Blick behalten – und sich frühzeitig beraten lassen.
Das bedeutet für Sie in der Praxis
- Umsatz im Blick behalten: Überprüfen Sie regelmäßig, ob Ihre Verkäufe an Privatkund:innen in andere EU-Länder insgesamt die 10.000 € netto-Grenze überschreiten.
- Frühzeitig entscheiden: Prüfen Sie, ob eine freiwillige OSS-Registrierung für Sie Sinn macht, um Verwaltungsaufwand zu sparen.
- Lager im Ausland planen: Wenn Sie ein Zwischenlager nutzen, denken Sie an zusätzliche Steuerregistrierungen und Meldungen wie ZM und ggf. Intrastat.
- Export außerhalb der EU: Informieren Sie sich vorab über Zollbestimmungen und mögliche Steuern im Zielland.
- Unterstützung holen: Sprechen Sie rechtzeitig mit Steuerberater:innen, um unnötige Kosten und Strafen zu vermeiden.
So vermeiden Sie böse Überraschungen und behalten Ihre Steuerpflichten im Griff.
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Dieses Video dient zur Weiterbildung und nicht zur steuerlichen Beratung. 360°Tax TV ersetzt kein persönliches Beratungsgespräch und keine rechtlich verbindliche Auskunft.
Bei Fragen steht Ihnen Frau Mag. Christiane Holzinger sehr gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüße,
Mag. Christiane Holzinger und das gesamte 360°Business Planner Team
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